Bremsleitung hinten tauschen

Danke lieber TÜV, dass du endecktest was mir entgangen.
Lieber wäre es mir jedoch, du hättest mit deinen Augen woanders abgehangen.

Okay, weg von der hohen Lyrik, hin zu den öligen Niederungen der Schrauberhalle. Es war nämlich eine Sch...arbeit. Aber der Reihe nach. Wie aus der Überschrift unschwer zu erkennen, geht um das hier, was der Mann vom TÜV oberhalb der Hinterachse schön versteckt sah:

rostige-bremsleitung

Eine rostige Bremsleitung. O-Ton:" Wenn i da nalang, dann brichts. Dös goht edda, da kann i koi Plakett geb." Ganz so schlimm wars dann doch nicht, aber bei Bremsleitung lieber auf der sicheren Seite bleiben. Also ohne Plakette und ziemlich zerknirscht heim, weil das nach ziemlich viel Arbeit aussah. Erstmal wieder Netz befragen und was da stand führte nicht zu Freudenausbrüchen. Aber wie immer, alles Jammern hilft nix: Wenn man die Plakette will, war schrauben angesagt. Erstmal eine neue Bremsleitung als Meterware beim örtlichen Teilehändler kaufen, dann bei nem Kumpel das Profibördelgerät ausleihen und frisch ans Werk.

Zunächt mal testen, ob das auch geht - den Tank absenken, ohne alles andere wie beschrieben abbauen zu müssen:

tank-absenken

War ja klar, geht natürlich NICHT, SCH...

Also Auspuff runterfluchen und bei der Gelegenheit gleich mal den Endtopf an dieser Stelle (Pfeil) wieder schweißen mit Naht rundrum und Stützblech, der war nämlich auch kurz vor ab:

auspuff runter

Auspuffbleche weg und die Schrauben der Antriebswelle am Heckdifferential lösen, Gelenkwellenlager lösen, Gelenkwellensicherungsbügel abschrauben, Welle am Diff rausdrücken und baumeln lassen:

antriebwelle-ab

Dann die Handbremszüge innen unter der Rückbank unter dem Blech aushängen und nach innen ins Auto ziehen, die sind dem Tank nämlich auch noch im Weg. Wenn man das dann alles hat, alle Schrauben des Tanks lösen auch die des Einfüllrohres und dann kann man dran denken, den Tank vorsichtig abzusenken, OHNE die Hinterachse auszubauen. Warum der ganze Aufriss, werdet ihr wieder fragen. Nun, die Bremsleitungen laufen leider oberhalb des Tanks lang, hier mittig zu sehen:

tank-absenken

Wenn wir das dann alles haben, (könnt ihr natürlich auch schon vorher machen), wird erstmal mit ein bißchen Bremsleitung das Bördeln geübt. Sieht auf Anhieb doch gar nicht mal so schlecht aus:

boerdelgerät

boerdeln

boerdeln

Jetzt die Bremsleitungen bei den Rädern (Übergang zur flexiblen Leitung) rechts und links abschrauben (hier machte sich die Mike-Sanders-Schmierung bezahlt, kein Rost oder so, Schrauben gingen sofort auf), Eimerchen drunter und Lappen bereit halten, da kommt ein bißchen Bremsflüssigkeit rausgesuppt.
Alle Bremsleitungshalter abschrauben, oberhalb des abgesenkten Tanks ist es etwas fummelig, aber es geht:

oberhalb-tank

Dann die Bremsleitungen einmal am Unterboden in Fahrtrichtung vor dem Tank durchtrennen, Eimerchen, Lappen ;-)
Dann die Bremsleitungen oberhalb der Hinterachse an einer GUT ZUGÄNGLICHEN Stelle durchtrennen. Jetzt kann man nämlich die Teile oberhalb des Tanks vorsichtig und ohne verbiegen rausziehen.
Und die Teile, die von oberhalb der Hinterachse zu den Rädern gehen ebenfalls. In einem Teil kriegt man die nie raus.
Und warum setzt man nicht nur den Teil an, der von oberhalb der Hinterachse zu den Rädern geht? Berechtigte Frage, wäre ja viel einfacher. Nur leider kann man an dieser Stelle das Bördelgerät nicht ansetzen, deswegen der kompliziertere Weg mit zwei Teilen. Hat man dann alles raus, erstmal Bestandsaufnahme, hier die zwei Teile der linken Seite (Pfeil = Fahrtrichtung, 1 = Unterboden am Tank entlang, 2 = oberhalb Hinterachse zu den Rädern):

zwei-teile-linke-seite

Und im Detail:

detail

rost

rost

Uhhhhhh, sieht krass übel aus, mag man denken, zum Glück werden die getauscht, die brechen ja sofort ab, so rostig wie die sind. Aber man mag es kaum glauben, ist nur Oberflächenrost, geht nicht in die Tiefe und von innen war auch noch nix. Sonst wären die beim Ausbau schon zerbrochen, sind sie aber nicht. Und ich hatte eine extra an einer Roststelle aufgeschnitten um zu gucken - da war nix. Aber Vorsicht ist besser als den Kofferraum des Vordermanns unfreiwillig zu bevölkern!

Jetzt gehts an Biegen entlang der alten Leitung, sah dann irgendwann auch nicht so schlecht aus. Ach ja, eine  Biegezange für die engen Radien ist sehr hilfreich!

gebogen

gebogen

gebogen

Vom Original (die dunklen, dreckigen) kaum zu unterscheiden ;-)
Und gaaaaaanz wichtig: IMMER erst den Schraubnippel drauf und dann bördeln!!!!! Ihr wisst schon warum ich darauf gesondert hinweise ;-)
Ich hab die Schraubnippel dann mit Tape zu geklebt, damit beim Einbau kein Dreck in die Leitung kommt.
Nun die Leitungen vorsichtig einbauen, Passprobe machen, entprechend noch ein bißchen nachrichten / nachbiegen, die Nippel schon mal verschrauben, da wo es geht, noch ohne festziehen.

Dann eine Halte- und Hebevorrichtung für das Bördelgerät bauen. Dazu einen Schraubstock auf dem Getriebeheber (fauler Hans) mit Schweißdraht und Schraubzwinge festtüddeln, das Bördelgerät einspannen und ein Rohr dazu klemmen als Gegenhebel :

haltevorrichtung

Sieht abenteuerlich aus, funktionierte aber. Nun kann man die beiden verbliebenen Bremsleitungen am Unterboden vor dem Tank bördeln (SCHRAUBVERBINDUNG VORHER AUFSTECKEN ;-) und mit der neuen Bremsleitung verschrauben. So wie hier oberhalb der Hinterachse sollten dann alle Verschraubungen aussehen:

verschraubung

Und bei den Rädern, Übergang zur flexiblen Leitung:

links

rechts

Nun die Verschraubungen alles festziehen und bevor man jetzt das Restauto wieder zusammenschraubt, empfiehlt es sich, die Bremskreisläufe wieder mit Öl zu befüllen und zu entlüften. Ich hab hierzu so ein Dingen genommen, das mittels Kompressor einen Unterdruck erzeugt und die Bremsflüssigkeit blasenfrei bis in den letzten Winkel saugt. Kein Pumpen mit dem Pedal nötig oder ähnliches, nur halt immer schön den Ausgleichsbehälter nachfüllen. Kostet fast nix das Ding und hat super funktioniert. Reihenfolge: Vom längsten zum kürzesten Bremskreis. Ich hab sicherheitshalber alle entlüftet, obwohl ich vorne nicht offen hatte.

bremsenentlueften

GANG RAUS, die lose Antriebswelle soll ja keine Wellen in den Unterboden schlagen !!!! dann den Motor an (geiler Sound komplett ohne Auspuff), Bremsdruck aufbauen lassen und ein paar mal reinlatschen und prüfen ob alles dicht ist. Dem war so, keine Warnlampe ging an und der Ölstand im Ausgleichsbehälter blieb auch gleich. Jetzt kann man beruhigt alles wieder zusammenschrauben, in der Gewißheit, dass eher der Rest vom Auto wegrostet als jemals wieder die Bremsleitung.

Der Mann vom TÜV war ebenfalls nachhaltig beeindruckt von der sauberen Ausführung. Ich hab dann aber noch auf einem Test auf dem Rollenprüfstand bestanden. Und auch auch hier war der Benz sauber innerhalb der vorgegbenen Messwerte.

Somit kann ich also wieder ruhigen Gewissens am Straßenverkehr teilnehmen und der Kofferraum vom Vordermann bleibt auch heile.

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W202-C180